HOMILIEN

Mit Jesus in die vielen Jerusaleme der Welt einziehen. Homilie von Erzbischof Vicenzo Paglia bei der Liturgie vom Palmsonntag

Liebe Schwestern und liebe Brüder,

wir haben diese heilige Liturgie begonnen, indem wir Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begleitet haben. Er weiß genau, dass seine Stunde, die Stunde gekommen ist, um von dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Es ist eine dramatische Stunde. Wie dramatisch ist die Stunde, die unsere Welt erlebt, vielleicht die besorgniserregendste seit dem Zweiten Weltkrieg. Und heute scheint das sinnlose Wettrüsten wieder aufzuleben, bei dem die einzige Kraft, die zählt, die der Waffen ist. Aber sie zählt nur für die vielen "Ichs", für die Egozentrik, sicher nicht für den Frieden.

Daher ist diese heilige Liturgie ein großes Geschenk für unsere Zeit: Sie versammelt uns bei Jesus, um mit ihm in Jerusalem einzutreten, in die vielen Jerusalems dieser Welt. Er ist der Prophet, den die Welt braucht, er allein kann die Städte vor der Barbarei retten. Und auch heute, in den vielen Städten der Welt, gibt es – wie damals – einen Bedarf an Jesus.

Und er kommt nicht allein, sondern mit einem Volk, mit einer jubelnden Menschenmenge, die ihn begleitet. Wir haben es im Lukasevangelium gehört. Der Evangelist Markus betont es fast noch deutlicher: Es gibt eine Menschenmenge, die ihm vorangeht, und eine, die ihm folgt, und er steht in der Mitte. Und es ist ein Volk, das von Freude überwältigt ist. Während er geht, reißt die Menschen Zweige von den Bäumen und schwingt sie, breiten Mäntel auf der Straße aus, wie bei einem großen Fest.

Es ist ein außergewöhnlicher Einzug. Und auch wir, liebe Schwestern und Brüder, vereint mit all unseren Gemeinschaften überall auf der Welt, sind wie dieses Volk. Ein großes Volk, das vereint mit Jesus in das Jerusalem dieser Zeit einzieht, um den Frieden zu verkünden, um das Heil für alle zu verkünden, angefangen bei den Ärmsten und Schwächsten.

Die heilige Liturgie enthält sowohl die Lesung des Evangeliums vom Einzug Jesu, als auch die der Leidensgeschichte und will uns verdeutlichen, dass es keine Trennung zwischen Liebe und Kreuz gibt, zwischen dem guten Antlitz Jesu, der in die Stadt einzieht, und seinem leidenden Antlitz am Kreuz. Denn diese Liebe befreit die Welt von jeder Sklaverei, von jeder Gewalt und von jedem Krieg.

Jesus ist auch am Kreuz nicht allein: Bei ihm sind auch die vielen Gekreuzigten unserer Zeit. Und wir freuen uns auch über die vielen Märtyrer von heute, die ihr Leben für den Herrn gegeben haben. Unter ihnen sehen wir Floribert, der in diesem Jahr selig gesprochen wird: ein Märtyrer unter den Märtyrern, damit er uns weiterhin lehrt, wie wir dem Evangelium bis zum Ende folgen. Mit dieser Liebe und mit diesen Brüdern und Schwestern besiegt Jesus das Böse.

Die Leidensgeschichte warnt uns davor, wie sehr die Sünde das Leben der Menschen, auch das der Jünger, erschüttert. Es bedurfte nur wenig, damit sie Jesus verrieten: Sie wollten sich selbst retten und ließen ihn allein, sogar am Kreuz. Auch für die Menge genügten wenige Tage, damit aus dem "Hosianna" ein "Kreuzige ihn" wurde.

Schwestern und Brüder,
in diesen Tagen, in denen das Böse seine rohe Gewalt gegen den einzig Gerechten zu entfesseln scheint, ist eins sicher – und das ist nur Jesus: sein gutes Gesicht, das sich in den Tagen des Leidens nicht ändert. Es ist ein sanftes Gesicht, während er auf einem Esel reitet, während er vor den Priestern und Richtern steht und auch als er gekreuzigt wird. Die ganze Welt braucht diese Sanftmut und diese Liebe, damit das Böse und der Krieg besiegt werden.

Der Herr bittet uns heute, ihn zu begleiten. Folgen wir ihm, denn er ist es, der in diesen Tagen geliebt und begleitet werden muss. Und wenn wir ihm folgen, werden wir seine Liebe lernen. Die Gemeinschaft, wie jene Frauen, die ihn allein bis unter das Kreuz begleiteten, nimmt uns auf und hilft uns, an der Seite Jesu zu bleiben. Und wir werden als Analphabeten dieser Liebe sie in Fülle empfangen, um überall, wo wir hingehen, die Freude der Geschwisterlichkeit und des Friedens verkünden zu können. Der Herr bittet uns, allen Völkern der Erde die Freude seines Friedens und seiner Liebe zu bringen. So sei es.